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Kommt das Nachspiel bei der Grundsteuer?

Die Grundsteuer war das Aufregerthema 2022. Jeder einzelne Immobilieneigentümer war aufgefordert, dem Finanzamt eine Erklärung zum eigenen Grundbesitz abzuliefern. Jetzt steht die Frage im Raum, ob das Ergebnis dieser Aktion überhaupt verfassungsgemäß ist. Wird es noch ein Nachspiel geben?

Die Neuordnung der Grundsteuer war notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht die alte Praxis der Erhebung von Grundsteuern für verfassungswidrig erklärt hatte. Das Gericht setzte ein Ultimatum: Der Gesetzgeber hatte zwei Jahre Zeit, um das Gesetz neu zu formulieren.

Damit in dieser kurzer Zeit überhaupt eine Einigung unter den Bundesländern möglich war, wurde ein Bundesmodell vorgeschlagen und eine Länderöffnungsklausel beschlossen. Jedes Bundesland durfte vom Bundesmodell abweichen und konnte eigene Modelle entwickeln. Daher gibt es jetzt neben dem Bundesmodell das Bodenwertmodell in Baden-Württemberg, das Flächenmodell in Bayern, das Wohnlagemodell in Hamburg, das Flächen-Faktor-Modell in Hessen, das Flächen-Lage-Modell in Niedersachsen und abgewandelte Bundesmodelle im Saarland und in Sachsen.

Schleswig-Holstein entschied sich zusammen mit acht weiteren Bundesländern für das vorgeschlagene Bundesmodell. Genau dieses Modell ist jetzt in den Fokus von Kritikern geraten, die Gründe dafür nennen, warum die Berechnung der Grundsteuer möglicherweise wiederum nicht verfassungsgemäß ist. Die Vielfalt der Modelle zeigt schon, wie komplex das Thema ist.

Der Bund der Steuerzahler weist darauf hin: „Das Bundesmodell ist verfassungswidrig!“ Es werde zu Musterklagen kommen.

Der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Gregor Kirchhof hat im Auftrag des Bundes der Steuerzahler Deutschland sowie von Haus & Grund Deutschland ein Rechtsgutachten erstellt. Das 73-seitige Papier soll jetzt als Grundlage für die angestrebten Musterklagen gegen das Bundesmodell dienen, das in elf Bundesländern gilt – teilweise mit Abwandlungen. Sechs Musterprozesse sind geplant und zwar in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und zwei in Nordrhein-Westfalen.

An der Verfassungsmäßigkeit des Bundesmodelles bestehen laut Gutachten entscheidende Zweifel. Die zugrunde liegenden Bodenrichtwerte seien wenig vergleichbar. Das wird am Beispiel Berlin deutlich. Die begehrte Wohnlage Wannsee hatte zum 1. Januar 2022 einen Bodenrichtwert von 1.500 Euro. Die weniger attraktive Lage Neukölln weist dagegen einen mehr als doppelt so hohen Wert auf, nämlich 3.200 Euro. Die Kritiker argumentieren damit, dass die neue Grundsteuer „am Ende zu deutlichen Mehrbelastungen führt“ und „Zu kompliziert, intransparent und ungerecht!“ sei.

Die fünf wesentlichen Kritikpunkte lauten:

1. Bewertung orientiert sich zu sehr an der Einkommensteuer
2. Bodenrichtwerte sind nicht vergleichbar
3. Pauschalierungen verstoßen gegen das Grundgesetz
4. Individuelle Umstände werden nicht berücksichtigt
5. Tatsächliche Steuerlast steht noch gar nicht fest

Wie die Musterklagen ausgehen und was sie bewirken werden, ist völlig offen und bleibt abzuwarten. Schleswig-Holsteiner wären jedenfalls betroffen, falls die Musterklagen erfolgreich sein sollten. Steuerberater empfehlen, vorsorglich innerhalb von vier Wochen Einspruch gegen bereits zugegangene Bescheide zum Grundsteuerwert und Grundsteuermessbetrag einzulegen. Der eigentliche Grundsteuerbescheid mit der Zahlungsaufforderung kommt erst im Jahr 2024.

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